Für Fachleute und Interessierte

Seine Vorstellung vom Klang der neuen Orgel beschreibt Orgelbauer Markus Lenter so:

Die Orgel von 1867 war mit 15 Stimmen als gutes Gebrauchs- und Alltagsinstrument einzuordnen. Die einzelnen Pfeifenreihen erfüllten mit disziplinierter Anzahl an ihrem Platz mehrere Funktionen. Die Principale waren relativ weit und flötig gestaltet, die Streicher dafür eher eng und scharf. In dieser Kombination von weitem und engem Pfeifenwerk entsteht der durchdringende, aber farbige Steinmeyerklang. Für uns Orgelbauer haben diese Klänge viel mit dem Wesen der deutschen Druckwindharmonium gemein. In letzten Jahrzehnten oftmals abfällig mit ‚Steinmeyers Harmoniumklänge‘ degradiert, kommt nach unserer Auffassung diesem Verständnis viel Gewicht zu Teil.

Keine Orgel wird gleich einem Harmonium klingen. Aber: hört man in die Klangschichten bei Steimeyer zwischen Streicher und Principalen genau bis ca. 1890 hinein, sind wir in dieser weiten Flexibilität von Grund- und Obertönen genau dort, was gute Druckwindharmonien in einem Kirchenraum hineinzaubern können. Dabei sollte man einbeziehen, dass Steinmeyer im Bau von Druckwindharmonien als einer der wenigen Orgelbaubetriebe durchaus ein beachtliches Opusverzeichnis aufweisen konnte. Also das obertönig vielschichtige Geschehen eines Druckwindharmoniums, dieses kombiniert mit einer großen tragenden Orgel, dann wiederum nach oben zu 2´- und Mixturen das Spektrum erweiternd.

Die Orgel muss aus einem relativ kleinen Gehäuse heraus einen großen Raum füllen. Dieses Füllen fordert durch die Raumausstattung und Deckenform viel klangliche gesunde Energie. Keine Forcierung, keine Schärfe. Die Klänge müssen mit der größten Selbstverständlichkeit und stressfrei in der beabsichtigten Intention der Raum füllen. Daher sollte die Fläche innerhalb des Instruments so offen als möglich gehalten werden, allen Pfeifen ein guter Ausspracheraum gewährt werden. Unter dieser Prämisse ist das Hauptwerk mit 9 Stimmen angelegt. Der Bordun 16´ wird aus Platzgründen nur von C – H aufgestellt, ab c° bedienen wir uns einer Transmissionslösung zum zweiten Manual. Die Principale folgen einer weichen, großen Klanggebung und münden in einer farbigen Mixtur mit Terz. Unser Streicher als Viola di Gamba 8´ folgt genau seinem Namen: Er ist dunkel, aber sehr präsent und scharf in der Farbe. Er ist in der Lage, den großen Principal zu präzisieren. Die weitere Klangpyramide in den Principalen bis zur Mixtur folgt bei Steinmeyer einem Crescendoprinzip. Der Flötenanteil ist im Principal sehr präsent. In der Octave 4´ weicht dieser weiche Anteil einem Horncharakter. Der 2´ fasst beide Stimmen schlüssig hell zusammen, die Mixtur zeigt klanglich und farbig bis zur imaginären Trompete 8´. Die andere klangliche Ebene zur vielfältigen Mischung spielt sich rund um die Tibia 8´ und das Gemshorn 4´ ab. Ähnlich wie der Zusammenhang zwischen Gamba und Principal, bringt das Gemshorn in einer feineren Ebene zur großen Flöte Strich und Struktur hinzu. Verstehen wir die beiden klanglichen Grundschichten, können wir das unendliche Kombinieren dieser Register zueinander beginnen. Die Mittellage färbend und tragend, ist das Nasard 2 2/3´ unser Zentrum für Farbe und klangliche Brücken.

Im zweiten Manual beginnen wir mit dem leisesten Vertreter: der Dolce 8´. Sie ist unser Pianoregister und füllt zart aber tragend den Kirchenraum. An letzter Stelle auf der Windlade wird der räumliche Effekt des leisen Streichers noch unterstützt. Mit dem Salicional 8‘, dem Geigenprincipal 8‘ und zuletzt füllend das Lieblich Gedackt 8´ ermöglichen diese 4 Stimmen in gegenseitiger Kombination eine große dynamische Bandbreite als Hinterwerk. Der Fugara 4´ werden mehrere Aufgaben zugetragen: Wir sehen eine engere Mensur vor, um auch die Anteile von Quintfarben mit diesem Register wahlweise einbringen zu können. Wieder weich und zusammenfassend wird die Flöte von Steinmeyer eingesetzt. Der Einbezug der Super-Octavkoppel incl. eines Octavausbaus lässt in dem kleineren Hinterwerk auch das helle Aufregistrieren zu. Beim Ausbilden der Mensuren und der Intonation ist es uns wichtig, dass die klangliche Balance des Instruments trotzdem gewahrt bleiben: Durchaus ein Zupacken und Helligkeit, aber kein Überschlagen der Klangflächen.

Die Physharmonika im dritten Manual ist der vielfache Vertreter des dynamischen Orgelklanges. Wir sehen eine Méthaphone (= Klangverdunklung als Klappe) vor, um auch zu den 8´- Grundstimmen die Obertöne behutsam hinzufügen zu können. Mit der Möglichkeit des direkten Anspielens des Salicional 8‘ und Gedackt 8´ (mittels Transmission) erfüllt das dritte Manual ein komplettes Manualspektrum. Es ist ein leises Begleitwerk und gibt variabel bis zum lückenlosen Forte der gesamten Orgel eine deutliche Klarinettenfärbung. Die 16´- Erweiterung der Physharmonika gewährt eine großzügige Ergänzungsmöglichkeit.

Die vier Pedalregister decken als selbstständige Reihen wieder alle notwendigen Primärfarben eines Pedalwerkes ab. Der Violon 16´ ist leicht changierend zu verstehen: Er beginnt mit einem großen Grundton und deutlichem Strich, wendet sich zum Diskant der Farbe der Gambe 8´ aus dem Hauptwerk zu. Der hölzerne Octavbass 8‘ füllt genau diese bewusst geschaffenen Lücken mit Grundton und Flötenanteilen auf. Die Posaune 16‘ stellen wir als gut grundierendes, großes Posaunenregister mit Holzbechern vor. Ein großer Ton, ohne zu scharfe Obertöne. Sie sollte genau das Fundament liefern, welches terzhaltige Mixtur und die Physharmonika ‚nach unten‘ zu einem Fundament fordern. In der Übersicht die Disposition:

 

I. Man

II. Man
(mit Ausbau Super)

III. Man

Pedal

1

Bordun 16´ (C – H, ab c° Transm.)

Geigenprincipal 8´

Physharmonika 8´ schwellbar, Zusatz Méthaphone

Violonbass 16´

2

Principal 8´

Salcional 8´

Physharmonika 16´ (Extension)

Salicetbass 8´ (Transm.)

3

Viola di Gamba 8´

Dolce 8´

Salicional 8´ (Transm.)

Subbass 16´

4

Tibia 8´

Lieblich Gedeckt 8´

Gedackt 8´ (Transm.)

Gedacktbass 8´ (Transm.)

5

Octav 4´

Fugara 4´

 

Octavbass 8´

6

Gemshorn 4´

Flöte 4´

 

Posaunenbass 16´

7

Nasard 2 2/3´

Fagott-Klarinett 8´

  

8

Octav 2´

   

9

Mixtur 4-5f. 2´

   
 

Zimbelstern

   

Koppeln: II – I, III – II, III – I, Super II – II, III/II/I – Ped.